Über die Sonntagsspitze (Zunterspitze) zur Schreckenspitze
T3+ I BBergtour
Inhaltsverzeichnis
Üblicherweise sind nur Geheimtipps ein Garant für ruhige Bergtouren. Wer gerne alleine unterwegs ist muss sich in der Regel auf unerschlossene Gipfel oder unbekannte Routen fokussieren. Umso erstaunter war ich, das die Aktivitäten an der Sonntagsspitze und Schreckenspitze einen überschaubaren Rahmen hatten - sind doch beide Gipfel weit vom Status eines Geheimtipps entfernt. Vielleicht liegt es an dem langen, etwas eintönig ausfallenden Almstraßenhatscher zur Gröbneralm, der die Massen von diesem Abenteuer abhält.
Wie dem auch sei, hat man einmal diese Pflicht hinter sich gebracht, folgt eine Kür, die nachhaltig alle Sinne auf Trab hält. Der spannende Anstieg zur Sonntagsspitze (auch Zunterspitze oder Zunderspitze genannt) ist dabei nur die Ouvertüre. Der Hauptakt ist die Begehung des durchaus scharf geschnittenen Grat hinüber zur Schreckenspitze. Fast vollständig von Gras bedeckt, meint man an einem der berühmten Allgäuer Steilgrasberge unterwegs zu sein. Neben der überdimensionalen Aussicht weis auf der Schneide vor allem der üppig wuchernde Blumenbestand zu begeistern.
Derartige Impressionen bekommt man natürlich nicht zum Nulltarif. Der Zustieg zum Grat hat durchaus seine alpinen Stellen. Diese sind aber mit etwas Erfahrung, Geschick sowie sicherem Tritt gut beherrschbar. So steht dieses Unterfangen nicht nur den Bergtouren-Profis offen, auch geübte Bergwanderer haben sehr gute Chancen den Flug über den Grat zu meistern. Und das sollte man sich nicht entgehen lassen, denn eine ebenbürtige Tour gibt es im weitem Umland nicht.
Bilder Karte GPS-TrackAnforderungen/Schwierigkeiten
Der Zustieg von Achenkirch durch das Unterautal zur Gröbneralm bzw. zum Gröbner Hals ist eine sehr einfache Wanderung die von jedermann bewältigt werden kann. Oberhalb des Gröbner Hals wird die Tour sehr schnell sehr ernst. Das Gelände nimmt stark Neigung auf, wird überdies sehr luftig. Zwei kurze Kletterstellen (eine freie (I), die andere mit Drahtseilunterstützung (B)) sind dabei nur Beiwerk beim ausgesetzten Tanz gen Himmel. Vom Gröbner Hals bis zum Gipfel der Schreckenspitze ist auf Grund der steilen Hänge anhaltend Konzentration gefragt. Hier ist das Terrain zu keiner Zeit stolper- oder ausrutschfreundlich. Jeder Tritt muss sitzen. In Summe ist der Aufstieg zur Sonntagsspitze und die Gratwanderung zur Schreckenspitze nur für geübte, trittsichere Berggeher geeignet. Keinesfalls soll man diese Bergtour bei Nässe in Angriff nehmen.
Ausgangspunkt
AT-6215 Achenkirch
Parkplatz am Christlum
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.51273
Längengrad: 11.69706
Hütten/Einkehr
Unterwegs keine
Gaststätten in Achenkirch
Orientierung
Hat man in Achenkirch einmal den Eingang ins Unterautal gefunden, ist die weitere Orientierung keine unlösbare Aufgabe mehr. Beim Gipfelsturm zur Sonntagsspitze achtet man auf die farbigen Markierungen. Der Gratweg zur Schreckenspitze ist nicht gekennzeichnet, aber unübersehbar gepfadet.
Ausrüstung
Wissenswertes
Die Wanderung von Achenkirch durch das Unterautal zum Gröbner Hals (manchmal Gröbner Joch genannt) ist ergänzend als Steinölwanderung angeschlagen. Der unten beschriebene Wanderweg folgt dabei dem ehemaligen Transportweg des Öl vom Bächental über das Joch ins Unterautal. Von 1908 bis Ende der 1930er-Jahre fand der Transport ausschließlich durch Muskelkraft (Kraxenträger und Transporttiere) statt. 1938 bis 1973 war dafür eine Materialseilbahn vom Bächental hoch zum Gröbner Joch und von dort hinab ins Unterautal in Betrieb. Noch heute wird das Öl im Bächental abgebaut. Vom Gröbner Hals ist die Brennerei (1.375 m) gut zu sehen, ferner über einen beschilderter Wanderweg erreichbar. Überdies wird von der Region Achensee eine geführte Wanderung zum Ölbetrieb angeboten - inklusive einer Führung durch die Brennerei.
Von Achenkirch über das Unterautal zum Gröbner Hals
T1Unser Ausgangspunkt an der Talstation der Christlumbahn gestaltet sich ein wenig unübersichtlich. Der Eingang ins Unterautal ist für Ortsunkundige unter Umständen nicht einfach zu finden. Am besten orientiert man sich an dem fußballplatzgroßen Parkplatz westlich der Hotelanlagen. Hier läuft man die Zufahrtstraße in Richtung der Hotels zurück. Unmittelbar vor den Gebäuden scharf links abbiegen, nachfolgend über die rechts erscheinende Brücke zu einem weiteren Großparkplatz. Am Ende des Parkplatzes findet sich auf Höhe der Straßenschleife der Einlass ins Untertautal (945 m).
In Direktion des Unterauchbachs in das wunderschöne, breitflächige Tal hinein wandern. Dabei wird jederzeit dem planierten Almsträßchen treu geblieben. Gut 1,5 km geht es in den Geländeeinschnitt hinein ohne das ein nennenswerter Höhengewinn wahrgenommen wird. Mit Beginn der ersten Schleifen entfernt sich die Route vom Wasserlauf. Nach Tangieren der Höchstegenalm (1.159 m) quert die Fortsetzung zweimal den Kleinzemmbach. Wenig oberhalb ist die Pforte zum großflächigen Weideareal der Gröbneralm eingenommen. Nicht verschweigen möchte ich, das sich der Anstieg bis hier her etwas eintönig gestaltet, respektive nur spärlich abwechslungsreich ist.
Weiterhin kehrenreich das kahle Terrain bergwärts. Vorbei an einer kleinen Schutzhütte wird nicht geradeaus zur Kleinzemmalm angestiegen, sondern linksschwenkend hinauf zu den Gebäuden der Gröbneralm (1.520 m) aufgeschlossen. Linkshaltend am Viehstall vorbei, empor zu der obersten Scheune. An einem Wasserlauf die Fahrspur via einem markierten Steig verlassen. Provisorisch angelegte Kolorierungen lotsen durch die Almmatten hinauf zum Gröbner Hals (1.654 m). Wem der Gipfelanschluss zu schwer ist, der wird auch am Gröbner Hals seine Erfüllung finden. Denn bereits an diesem Punkt öffnet sich ein Karwendelpanorama von majestätischer Güte. Und auch der Blick zurück auf die andere Talseite, zu den Unnützen und zum Guffert, hat seine visuellen Höhepunkte.
Vom Gröbner Hals zur Sonntagsspitze
T3+ I BAm Gröbner Hals visieren wir den Gipfel der Sonntagsspitze an. In Leitlinie des Nordwestgrates, der vom höchsten Punkt hinab zum Gröbner Hals zieht, gegen die grünen Almmatten ansteigen.
Liegt die Begrenzung des Weideareals hinter uns, versperrt sogleich ein erstes felsiges Hindernis den Anschluss. Durch ein rechtsseitiges Ausweichen (luftig) wird die Barriere umgangen. Dahinter in einem ausholenden Linksbogen (auf die Markierungen achten) wieder hinauf (sehr steil) auf den Grat. Hier wartet die erste Schlüsselstelle. In freier Kletterei (I) wird leicht ausgesetzt eine Steilstufe erklommen. Die Griffe müssen vor Belastung sorgfältig auf Stabilität geprüft werden. Bei meiner Begehung war hier nicht jeder Henkel fest.
Der Durchschlupf durch eine kleine Baumparzelle führt leicht bergab - zur zweiten Schlüsselstelle. Eine bedingungslos schräge Rampe leitet das ruppige Gepräge bergauf. Dank installiertem Drahtseil ist diese ausgesetzt Passage für Geübte gut beherrschbar (B). Am Ende des Kabels im Steilgras erneut hoch zum Grat. Die Linie durch das nachfolgende Nadelholz navigiert zu einem kurzen gerölligen Abschnitt. Die schrofigen Gratkante geht schließlich mit dem Gipfelfelsen auf Tuchfühlung. Auch diese Barrikade wird durch ein Ausweichen in die krass abfallende Grasflanke umgangen. Jedoch queren wir in diesem Fall noch ein Stück weiter hinaus - zum Baumbestand ein Stück weiter oben. Am Gehölz scharf links eindrehen und im Steilgras hinauf auf das Dach der Sonntagsspitze (1.926 m).
Von der Sonntagsspitze über den Grat zur Schreckenspitze
T3Am Gipfel der Sonntagsspitze sind die Hauptschwierigkeiten passé. Wie aus einem Ölgemälde präsentiert sich von diesem Punkt der elegant geschnittene Grat zum 1,2 km entfernten Gipfel der Schreckenspitze. Die Perspektive vermittelt den Eindruck, das dem Begeher noch einiges an Auf und Ab bevorsteht. Tatsächlich fällt das Rauf und Runter aber weniger dramatisch aus als erwartet.
In Navigation der Gratkante wandern wir rechts der Schneide beeindruckend aussichtsreich hinüber zum kreuzlosen Gipfel der Moosenspitze. Dabei sollte angesichts der horizontschmückenden Eyecatcher nicht der Blick zu den Füßen verloren gehen. Das Gelände verzeiht keinen Fehltritt - ist weder stolper- noch ausrutschfreundlich. Zudem gibt es direkt neben der Route einiges zu entdecken. Die Grasflanken um die Sonntagsspitze sind bekannt für ihren üppigen Blumenbestand inklusive diverser Raritäten. Ist man zur richtigen Blütezeit unterwegs, kann man unmittelbar neben dem Weg das seltene, zudem streng geschützte Alpen-Edelweiß entdecken. Zudem hatte ich vor Ort eine unheimliche Begegnung der tierischen Art. Mitten am Weg hat es sich eine Kreuzotter in der prallen Spätsommersonne gemütlich gemacht. Ich konnte sie gerade noch aus den Augenwinkeln sehen, sonst wäre ich wohl auf sie getreten.
Circa 20 Minuten nimmt der Übergang zur Moosenspitze (1.986 m) in Anspruch. Für die Schreckenspitze überschreiten wir den Grasgipfel, verfolgen weiter den Grat. Das Territorium wird auf diesem letzten Abschnitt tendenziell noch luftiger. Die Konzentration darf keinesfalls nachlassen - beidseitig geht es tief runter. Wenig vor dem Tourenziel garnieren einige kurze felsige Passagen den Gratweg. Dabei muss selbstständig eingeschätzt werden, ob ein Verbleib auf der Schneide oder ein Ausweichen ins Steilgras die richtige Wahl ist. Fortgeschrittene sollten aber mit sicheren Tritt auch in diesen Partien keine Probleme haben. Gut eine Stunde nach Start an der Sonntagsspitze findet unsere Gratwanderung am Gipfel der Schreckenspitze (2.022 m) ihren Höhepunkt.
Bei der voluminösen Gipfelschau zieht das schroffe Karwendel die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Deren Umrahmung mit den 3.000ern des Alpenhauptkamms ist aber auch besonders spektakulär. Nicht zu verachten ist ferner der Blick zum benachbarten Rofangebirge. Über die Unnütze und den Guffert findet das Gipfelpanorama schließlich in die Bayerischen Alpen.
Für den Rückweg halten wir uns ausschließlich an die Aufstiegslinie. Wobei bedacht werden muss, das der Gratweg, sowie der Abstieg von der Sonntagsspitze, auf Grund des heiklen Geländes fast genauso viel Zeit in Anspruch nimmt wie der Aufstieg.
Autor (Bilder und Texte): Andreas
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Reviewer: Andreas