Wanderung über das August-Schuster-Haus zum Teufelstättkopf
T3Bergtour
Inhaltsverzeichnis
Ausschlaggebend für die Findung der passenden Schwierigkeitskategorie einer Tour (T1 bis T6 der Wander- und Bergtourenskala) ist, die technisch schwierigste Stelle, die gemeistert werden muss. Hin und wieder gibt es aber Exkursionen, bei denen mir eine korrekte Einordnung nicht leicht fällt. Eine dieser Unternehmungen ist die Wanderung über das August-Schuster-Haus (auch Pürschlinghaus genannt) auf den Teufelstättkopf.
Am Teufelstättkopf muss für das Erreichen des höchsten Punktes eine steile, drahtseilversicherte Felspassage überwunden werden. Das entspricht ganz klar der Kategorie T3 - Bergtour. Allerdings ist diese Partie äußerst kurz, beschränkt sich auf die letzten Meter am Gipfelfelsen. Abseits davon findet der Aufstieg größtenteils auf trassierten Wegen statt, die nicht die leichteste Kategorie T1 überschreiten. Prozentual ausgedrückt bewegt man sich ca. 90% der Zeit in T1-, ca. 9,5% in T2- und ca. 0,5% in T3-Gelände. Im Großen und Ganzen kann man sagen, das sich diese Wanderung eher an Genuss-Outdoorler als an Alpinisten richtet. Die Kategorisierung in T3 gibt das augenscheinlich nicht wieder, vermittelt einen etwas falschen Eindruck.
Zwar könnte ich die Bewertung auf einen T2-Kompromiss herunterstufen, damit würde ich aber die Einordnung nach der Wander- und Bergtourenskala aufweichen. Folglich würde auch die Glaubwürdigkeit aller anderer Schwierigkeitsbewertungen leiden. Außerdem ist es mir wichtig, bei der Einordnung ein Augenmaß für weniger geübte Zeitgenossen zu bewahren.
Wer also den Teufelstättkopf ins Visier nehmen möchte, sich aber einem T3-Gelände nicht gewachsen fühlt, der sollte die Tour nicht gleich aufgeben. Im Zweifel kann der Aspirant auf die letzten (drahtseilgesicherten) Meter hoch zum Gipfelkreuz verzichten, wird im Gipfelbereich (bis hierhin max. T2) aber trotzdem noch reichlich Gelegenheit finden, ein ausschweifendes Bergpanorama in Augenschein nehmen zu können.
Bilder Karte GPS-TrackAnforderungen/Schwierigkeiten
Der Anstieg zum Kolbensattel und auch die Verlängerung zum August-Schuster-Haus machen Gebrauch von (fast) ausschließlich breiten, planierten Wegen - in nur phasenweise etwas steilerem Gelände. Der Gipfelgang nutzt klassische Bergsteige über Wurzeln, Steine und Schrofen. Im Finale zum Kreuz steiler Fels, der mit Drahtseilen versichert ist. In Summe (den kurze, drahtseilgesicherten Showdown ausgenommen) eine harmlose Bergwanderung fast ohne Schwierigkeiten. Die 14 Kilometer lange Wegstrecke ist für Wanderer, die den Gipfel by fair means erreichen wollen, kein Pappenstiel. Mit Benutzung des Sessellifts lässt sich die Wegstrecke, ferner auch die Höhendifferenz fast um die Hälfte verkürzen.
Ausgangspunkt
DE-82487 Oberammergau
Parkplatz an der Talstation der Kolbensesselbahn
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.59738
Längengrad: 11.04895
Hütten/Einkehr
Kolbensattelhütte
August-Schuster-Haus
Orientierung
Im Gebiet um den Kolbensattel und das August-Schuster-Haus trifft man eher selten auf die üblichen, gelben Wanderwegweiser. Stattdessen wurden das Wegenetz mit den Nummern 1 bis 4 (jeweils im roten Kreis) markiert - und das Ganze auch noch recht dürftig. Mit den Ziffern kann man allerdings nur was anfangen, wenn man sich auf eine der (wenigen) Übersichtstafeln die Nummer gemerkt hat, der man nachlaufen möchte. Findet man unterwegs eine dieser Markierungen, fehlt leider die Angabe zu welchem Ziel der entsprechende Weg führt.
Ausrüstung
Wissenswertes
Die vorgestellte Wanderung lässt sich in Abhängigkeit vom persönlichen Trainingszustand sinnvoll erweitern. Das Gebiet um den Kolbensattel/August-Schuster-Haus bietet weitere Ziele, die sich mit (mal mehr, mal weniger) Zusatzaufwand einbauen lassen. Im Aufstieg wäre beispielsweise eine Ausdehnung um den Kofel und die Überschreitung des Sonnberggrates möglich. Im Abstieg vom Teufelstättkopf stellt dessen Nordostgrat zur Kuhalm eine Alternative dar. In Verlängerung zum Teufelstättkopf ist das nahe Laubeneck gut erreichbar. Die Fortsetzung zum Hennenkopf Bedarf dagegen schon etwas mehr Zeit plus Energie - und die Große Klammspitze ist im Rahmen einer Tagestour dann nur noch für Konditionsbolzen ein erstrebenswerter Plan. Mit einer Übernachtung auf dem August-Schuster-Haus wäre Letzteres aber auch für weniger Trainierte innerhalb einer 2-Tages-Tour drin.
Von Oberammergau zur Kolbensattelhütte
T1Ausgangspunkt für unsere Wanderung ist der Großparkplatz nördlich des Kolbensessellifts (760 m) in Oberammergau. Unser Aufstieg startet am Kassenhäuschen der Liftanlage. Hier findet sich eine der großen Schautafeln, die einen Überblick über das Wegenetz rund um den Kolben gewähren. Die Routen sind indes mit den Zahlen 1 bis 4 (im roten Kreis) markiert. Da man unterwegs nur auf die blanke Nummer (ohne Zielnennung) treffen wird, muss man vorab anhand der Übersichtstafel entscheiden, welche Ziffer die richtige für das eigene Vorhaben ist. Für den nachfolgend beschriebenen Aufstieg ist bis zur Kolbensattelhütte der Weg mit der Nummer 1 die korrekte Wahl. Der Anschluss mit dem Ziel Pürschling/August-Schuster-Haus (Pürschlinghaus) wird durch die Ziffer 4 angezeigt.
Linkshaltend an der Liftkasse vorbei, unterhalb der Skipiste zu einer Waldparzelle queren. Unmittelbar bevor eine Brücke über den Kolbenbach führt, linksdrehend ins Gehölz eintauchen. In Direktion des unscheinbaren Wasserlaufs mündet der Steig schlussendlich in ein schmales Teersträßchen. Bergwärts haltend öffnet sich einer Schleife folgend erneut die Trasse einer Skiabfahrt. Der kahle Schlauch hält am oberen Ende die Jausenstation der Kolbenalm (nur tageweise geöffnet) bereit. Die Route führt uns wieder in den Forst, wenig später über den Brunnberggraben. Zweimal wird noch der Kolbenbach überquert, ehe man mittels mehrerer Kehren abermals freies Terrain gewinnt. Derweilen werden alle Abzweigungen linkerseits ignoriert. Ein Quergang zieht an den rechten Rand des gerodeten Geländestreifens. In zunehmender Neigung ziehen wir schließlich hinauf zur Kolbensattelhütte (1.260 m) am gleichnamigen Geländebalkon.
In den Medien tauchen vermehrt Bericht zum Thema Kommerzialisierung der, und dem Massentourismus in den Alpen auf. Nachdem der Klimawandel den Liftbetreibern langsam aber sicher das Winterskigeschäft verhagelt, rücken die Sommergäste immer mehr in den Fokus der Geld-mach-Maschinerie. Doch wie schafft man es, die Geldbörse der Besuche geschickt zu öffnen? In Zeiten der endlos-quälenden Reizüberflutung, in der man an jeder Ecke und zu jeder Zeit Erlebnisse konsumieren kann, muss man sich was einfallen lassen. Um den modernen Mensch aus der Finanzreserve zu locken, reichen eine handvoll Wanderwege in unberührter Natur nicht mehr aus. Der Kolbensattel ist hierfür ein Musterbeispiel was so langsam in, respektive mit der Bergwelt passiert. Eine Sommerrodelbahn, ein Kletterpark, ein riesiger Spielplatz und der Sessellift haben das Areal zu einer Art Disneyland transformiert. Für abenteuerwillige Gäste ein idealer Raum, seinem Erlebnisdrang nebst dem schwergewichtigen Geldbeutel eine gewichtsreduzierende Kur zu verpassen. Für die Betreiber die Grundlage, um am Ende des Jahres die Bilanz in den schwarzen Zahlen und die Investoren bei Laune zu halten. Besucher, die einen ruhigen Tag in unverbauter Natur suchen, werden am Kolbensattel eher pausenlos und im Laufschritt vorbeiziehen.
Von der Kolbensattelhütte zum August-Schuster-Haus (Pürschlinghaus)
T1Bevor ein Rechtsschwenk an der Kolbensattelhütte endet, linkshaltend am Spielplatz vorbei, weiter bergwärts halten. Oberhalb einer Kehre rechter Hand einen Haken schlagen, ins dichte Nadelholz eintauchen. Der Steig fällt nun deutlich schmaler aus als die bisherigen luxuriösen Wandertrassen. Demgegenüber gewinnen wir in einer längeren Partei nur noch Wegstrecke, aber keine Höhenmeter mehr. Unbemerkt wird im Verlauf der Sonnenberg und sein gleichnamiger Grat traversiert. Dabei gibt das Gelände immer mal wieder den Fokus in die Ferne frei. Schließlich mündet die Linie in die marode Betonbahn des Pürschlingweges. Endlich addieren sich wieder in zunehmenden Maße Höhenmeter in unsere Vertikalbilanz. Die Fortsetzung hinaus ins Brachgelände gibt einen ersten Blick auf den Pürschling mit dem August-Schuster-Haus (auch Pürschlinghaus genannt) frei. Eine 90-Grad-Kurve bringt uns schlussendlich empor zu den gekühlten Getränken der Schutzhütte (1.550 m).
Vom August-Schuster-Haus zum Teufelstättkopf
T3Am August-Schuster-Haus findet sich der einzige Wegweiser, der uns die Richtung zum Teufelstättkopf weist. Der Pfeil schickt uns empor zur Hütte der Unterammergauer Bergwacht. Wir bewegen uns inzwischen auf einem erdig-felsigen Bergsteig - mit entsprechender Neigung. Rechtshaltend an der Bergwachthütte vorbei, im Slalom einige Bäume ausweichend hoch zu einem Wiesenbalkon.
An diesem Ort zeigt sich erstmalig unser Ziel als Impression im Himmel - augenscheinlich am Gipfelkreuz zu erkennen. Linksseitig vorbei an einer Sitzbank, zunehmend steiler ein Weidegatter passieren. Einige steile Felsstufen und die schmale Kante eines Grates lassen uns fühlen, das wir endlich in den Bergen angekommen sind. Typischer Ammergauer Sand prägt den Untergrund hinauf zu einem Sattel. Der Gipfelaspirant muss nun die Augen nach dem korrekten Anschluss offen halten.
Geradeaus geht es in die Verlängerung zum Laubeneck, Hennenkopf, Große Klammspitze. Für unser anvisiertes Ziel muss jedoch den Spuren nach rechts gefolgt werden (kein Wegweiser). Diese führen über Stock und Stein, ferner im Slalom durch ein Labyrinth großer Felsblöcke. Die Begehungsspuren enden am Gipfelaufbau des Teufelstättkopfes - augenscheinlich markiert durch das markante Kreuz auf seinem Haupt.
Ein installiertes Drahtseil zeigt die Linie durch den Fels an - die Wanderung wird zur Bergtour. Der steile Einstieg repräsentiert gleichzeitig die Schlüsselstelle der Tour - die indes mittels Seilunterstützung gut zu überwinden ist. Auch eine glatte Platte stellt Dank Kabelhilfe kein großes Problem dar, gibt schließlich den Grat zwischen Neben- und Hauptgipfel die Ehre. Linksdrehend im einfachen Gehgelände in wenigen Schritten zum sehenswerten Kreuz am höchsten Punkt (1.758 m).
Niedrige Gipfel bieten vielmals die imposantere Aussicht. So auch am Teufelstättkopf. Highlight ist sicher die Perspektive über den Nordzug der Ammergauer Alpen - mit der formschönen Doppelpyramide der Klammspitze als markantem Eyecatcher. Die optische Begrenzung gen Süden stellt die Mauer der Zugspitze, sowie die Nachbarschaft des Karwendels und seiner Trabanten. Im Kontrast dazu die Ebene des Alpenvorlandes, ferner das tief eingeschnittene Graswangtal. Wer sich die letzten Meter hinauf zum Gipfel nicht zutraut, wird auch mit der Aussicht unterhalb glücklich werden. Um den Gipfelfelsen finden sich mehrere unschwierig zu erreichende Felsblöcke, die der Fernschau aus der obersten Etage nur wenig nachstehen.
Bei meiner Begehung habe ich mich für den Abstieg an die Aufstieglinie gehalten - die mich in gut 2 Stunden zurück nach Oberammergau gebracht hat. Für alle ambitionierten Fotografen habe ich noch einen kleinen Tipp, der sich im Abstieg mit wenig Zusatzaufwand einbauen lässt:
Vom Sattel, der (in Abstiegsrichtung) rechts zum Laubeneck, sowie links zurück zum August-Schuster-Haus führt, lässt sich geradeaus (weglos) ein kleiner Wiesenbuckel erklimmen. Dieser bietet nicht nur die beste Perspektive über den Ammergauer Nordzug. Aus dieser Richtung sind auch der Teufelstättkopf, das August-Schuster-Haus und die Kerbe des Graswangtals sehr fotogene Motive.
Autor (Bilder und Texte): Andreas
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Reviewer: Andreas