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Kegelkopf
(Kegelköpfe)
(1.959 m)

Überschreitung des Kegelkopf von Spielmannsau nach Gerstruben

T4 I

Schwere Bergtour

 1.140 Hm  1.210 Hm   13,3 Km  ca. 6 Stunden
Inhaltsverzeichnis
Der grasige Gipfelaufbau des Kegelkopf
Der grasige Gipfelaufbau des Kegelkopf

Im Einzugsgebiet von Oberstdorf gelten die Allgäuer Alpen als touristisch überlaufen. Abseits der vielbesuchten Mode-Berge gibt es aber unter Insidern und Einheimischen einige Tourenhighlights an denen noch echte Bergeinsamkeit erlebt werden kann. Der Kegelkopf ist einer dieser Geheimtipps, ködert den Bergsteiger gleich mit einer rassigen Überschreitung. Durch die im Gipfelbereich mehrfach vorkommenden Kuppen wird der Berg auch oft in seiner Mehrzahl als Kegelköpfe bezeichnet.

Der Besuch des Kegelkopf erweist sich als Bergtour ganz besonderer Art. Sie lässt sich schwerlich mit anderen alpinen Ausflügen vergleichen. Das fängt schon in der Geologie des Berges an. Grauer Fels spielt dabei nur eine (im wahrsten Sinne des Wortes) untergeordnete Rolle. Dieser dient nur als Substrat für den grasigen Teppich, mit dem der Kegelkopf von oben bis unten bedeckt ist. Unser Ziel gehört mit zur Gattung der berüchtigten Allgäuer Steilgrasberge.

Eine weitere Besonderheit zeigt sich beim Blick in die meisten topographischen Karten. Die nachfolgend beschriebene Überschreitung ist dort (wenn überhaupt) nur als schwarz gepunktete Richtungsspur eingezeichnet. Auf ausgebaute Pfade braucht man also nicht zu spekulieren. Gleichzeitig fehlen jedwede Wegweiser und jegliche Farbmarkierungen. Als Anwärter ist man völlig auf sich alleine gestellt, kann sich allenfalls an Hand der existierenden Begehungsspuren orientieren. Auf Grund der wuchernden Vegetation sind diese nicht selten bis zur Unkenntlichkeit kaschiert. Dazu eine kleine Anekdote: Während meiner Begehung kam ich im Abstieg in die Situation, das dichtes, mannshohes Gestrüpp partout den Anschluss nicht preisgeben wollte. Erst nachdem ich mich mit vollem Körpereinsatz in das Buschwerk gezwängt habe, konnte ich die vorhandene Spur wieder finden.

Das Alles klingt jetzt nicht nach einem genussreichen Bergabenteuer. Ob man so einer Expedition was abgewinnen kann oder nicht kommt, wie so oft, auf die persönlichen Vorlieben an. In der Tat richtet sich diese vogelwilde Überschreitung an eine alpinerfahrene Randgruppe von bescheidenem Kontingent. Bei meinem Besuch sind mir auf der kompletten Tour gerade einmal 3 Personen begegnet - wohlgemerkt an einem schönen Sonntag mitten in der Hochsaison! Wer gerne unerforschtes, alpines Neuland im Stil einer vergangenen Pionierzeit entdeckt, sowie die Bereitschaft mitbringt, sich mit dominanten Bewuchs auseinanderzusetzen, der ist am Kegelkopf genau richtig. Der maßlose Einsatz wird mit einem enorm hohen Erlebniswert belohnt. Zudem navigiert einem die (schon fast beklemmende) Einsamkeit zu einem wahrhaft majestätischen Aussichtsplatz. Der Gipfel offeriert eine fulminante Perspektive auf die Allgäuer Alpen, wie sie nur wenige Privilegierte in Augenschein nehmen werden. Vor allem die Sicht auf die unmittelbar gegenüberliegende Königin der Allgäuer Steilgrasberge, die Höfats, ist eine Wucht!

Die Bergtour respektive Überschreitung des Kegelkopf entspricht der Tourenkategorie Wilde Wege.

 Bilder  Karte  GPS-Track
Bergpanorama vom Gipfel des Kegelkopf (Allgäuer Alpen)
Bergpanorama vom Gipfel des Kegelkopf (Allgäuer Alpen)

Anforderungen/Schwierigkeiten

Von Spielmannsau zur Traufbergalpe kann, Dank passabler Wege, noch von einer Wanderung gesprochen werden. Dieser Abschnitt ist auch minimal beschildert. Oberhalb der Traufbergalpe gibt es keine Anzeige sowie keine Markierungen mehr. Wir bewegen uns ausschließlich in wildem, ungezähmtem Terrain. Weniger Fels vielmehr Gras bestimmt den Untergrund. Eine Orientierung ist ausschließlich über dürftige, in Etappen nur schwer erkennbare Begehungsspuren möglich. Gerade im Sommer sind die Pfade am Berg oft zugewuchert. Beim Aufstieg im Gipfelbereich ausgesetzte Kletterei (I) im Steilgras. Die größte Hürde auf dieser Überschreitung ist aber das Auffinden der Route und das viele Gestrüpp im Abstieg. Erst ab Gerstruben können wir auf der Wanderung zurück nach Oberstdorf wieder entspannen. Als Begeher braucht es auf dieser Bergtour eine gewisse Zähigkeit sowie störrisches Durchhaltevermögen. Die technische Anforderung rückt klar in den Hintergrund - wobei die kurze Steilgraskletterei unter dem Gipfel keinesfalls unterschätzt werden darf. Mit ein paar Konditionsreserven ist man klar entspannter unterwegs.

Ausgangspunkt

DE-87561 Oberstdorf
Parkplatz Renksteg
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.387672
Längengrad: 10.280542

Hütten/Einkehr

Jausenstation Traufbergalpe
Berggasthof Gerstruben

Orientierung

Beschilderung? Markierung? Fehlanzeige! Die Überschreitung ist zwar fast durchgängig gepfadet, aber üppiger Bewuchs hat den Steig stellenweise komplett zuwuchern lassen. Für Ortsunkundige (gerade im Abstieg) nur schwer zu finden.

Höhenprofil
P Überschreitung Kegelkopf Elevation profile for Überschreitung Kegelkopf 0 2 km 4 km 6 km 8 km 10 km 12 km 13,3 km 1.800 m 1.600 m 1.400 m 1.200 m 1.000 m Spielmannsau 900 m Traufbergalpe 1.220 m Krautersalpe 1.580 m Steilgras Kegelkopf 1.959 m Im Gündle 1.630 m Gerstruben 1.160 m Renksteg 830 m
Tourenbeschreibung: Aufstieg

Wanderung von Renksteg über Spielmannsau zur Traufbergalpe

T2

Ausgangspunkt für die Überschreitung des Kegelkopf ist die kleine Ansiedlung Spielmannsau inmitten des idyllischen Trettachtal. Die nächste Abstellmöglichkeit für das Auto findet sich allerdings am Parkplatz Renksteg - mehr als 5 km entfernt.

Die Jausenstation der Traufbergalpe mit dem Kegelkopf im Hintergrund
Die Jausenstation der Traufbergalpe mit dem Kegelkopf im Hintergrund

Glücklicherweise verkehrt zwischen beiden Punkten regelmäßig die Oberstdorfer Bergsteigerlinie. Unser Ausflug beginnt also in der Rolle eines Fahrgastes und wir lassen uns bequem nach Spielmannsau (900 m) kutschieren. In der Siedlung angekommen, von der Haltestelle den Anfahrtsweg zurücklaufen. Nachdem der Traufbach passiert wurde, sofort rechts eindrehen, ferner in den Waldpfad (Beschilderung Traufbergalpe) einfädeln. 600 Meter weiter wird abermals der Bergbach passiert - unter Zuhilfenahme einer Holzbrücke. Die Brücke war bei meiner Inspektion in einem schwer maroden Zustand. Gleichzeitig macht das unterhalb wild tosende Nass eine klare Ansage, das ein Ausflug in sein grimmiges Bett schwerwiegende Folgen hätte. Ich war mir nicht sicher, ob das veraltete Bauwerk mich noch tragen würden - aber es hat!

Der Traufbach bleibt weiterhin die Direktionslinie, welche sich als Türöffner für das abgelegene Traufbachtal erweist. Der Fortschritt stößt mit einer geteerten Versorgungsstraße zusammen. Am Kollisionspunkt linker Hand in die Bitumendecke einschwenken. Die Lichtung der Vorderen wird folglich von der Bucht der Hinteren Traufbergalpe abgelöst. An deren Ende wartet unsere erste Einkehrmöglichkeit (1.220 m) - welche gleichzeitig den Einlass in die Gipfelroute repräsentiert.

Von der Traufbergalpe über die Obere Giebelmähder auf den Kegelkopf

T4 I

Über die Terrasse der Jausenstation auf die andere Seite der Gaststätte wechseln. Pfadlos einige Meter dem vom Nutzvieh umgegrabenen Hang aufwärts, dann rechts haltend zu einem Weidezaun. An diesem Punkt setzt wieder ein sichtbarer Pfad an, dessen Kurs demnach bewaldetes Areal einnimmt. In der Folge dreier Schleifen mündet die Aufstiegsstrecke in eine vegetationsreiche Schneise. Die fast weglose Trasse lotst uns (in beachtlicher Neigung) bis zur brachen Hochfläche der Krautersalpe (1.580 m).

Die Gipfelbank vor der Königin aller Steilgrasberge: die Höfats
Die Gipfelbank vor der Königin aller Steilgrasberge: die Höfats

Oberhalb der Almhütte halten wir uns am besten an die Baumgrenze zur Linken, navigieren entlang des Weidezaun weiter himmelstrebend. Die Einzäunung bietet weiter oben einen leicht zu übersehenden Durchlass an - unser Korridor zum Gipfel! Jenseits leitet uns die dürftige Fährte auf einen schmalen Rücken (ca. 1.680 m). Auf seiner Achse bis zum Beginn des grasigen Südostgrates vormarschieren. In diesem Gefilde verlaufen sich endgültig die Begehungsspuren. Nun muss selbst die günstigste Schiene gefunden werden.

Der Südostgrat stellt die vertikale Grenze der Oberen Giebelmähder - dem ins Traufbachtal abstürzende Steilhang des Kegelkopf. Der Tanz auf der Schneide nimmt im Fortgang immer weiter Neigung auf. Beidseitig geht es tief runter - und es wird mit jedem Höhenmeter extremer! Zuletzt gibt es ohne Hände kein Vorankommen mehr (I). Eine schrofige Stelle wird linksseitig in gut gestuftem Gras umklettert. Noch wenige Züge und der Gipfel des Kegelkopf (1.959 m) ist unser! Ein Blick zurück (die Obere Giebelmähder hinab) offenbart erst wie steil zudem ausgesetzt unser Gipfelaufstieg war. Da will keiner ausrutschen!

Das fehlende Gipfelkreuz wird durch eine bequeme Sitzbank kaschiert. Die ist auch viel praktischer, lädt doch die umfassende Aussicht auf den Allgäuer Hauptkamm, die gegenüberliegende Höfats sowie nach Oberstdorf zum längeren Pausieren ein.

Tourenbeschreibung: Abstieg

Überschreitung Kegelkopf durch Abstieg nach Gerstruben

T3

Für die Überschreitung des Kegelkopf dem auffälligen Pfad entlang des Nordwestrücken nachlaufen. Der Abstieg führt noch um mehrere Grasbuckel, weshalb der Berg oft in der Mehrzahl als Kegelköpfe bezeichnet wird. Bald baut sich mannshohes Buschwerk als Barriere auf - während sich die Begehungsspuren fast in Nichts auflösen. Mit vollem Körpereinsatz musste ich mir durch das Gebüsch einen Zugang erkämpfen. Überraschenderweise waren inmitten des Strauchwerk die Begehungsspuren wieder deutlich nachvollziehbar. An der lichten Hochmulde Im Gündle (1.630 m) ist die heftigste Schlacht mit der Vegetation geschlagen.

In Gerstruben ist die Schlacht mit der Vegetation geschlagen
In Gerstruben ist die Schlacht mit der Vegetation geschlagen

Der südwestliche Rand der großflächigen Grube hält ein talstrebendes Steiglein bereit - in das eingefädelt wird. Der Schrofenpfad windet sich in unzähligen Serpentinen durch das Latschendickicht abwärts. Bei meiner Begehung hatte ich das Glück, das die Legföhren einen frischen Schnitt aufgewiesen haben, der Abschnitt demzufolge gut begehbar war. Das Zick Zack bringt den Begeher sehr schnell tiefer, doch unterhalb der Baumgrenze ist noch einmal die Spürnase gefordert.

Dichter Laubteppich lassen die Spuren fast unsichtbar werden. Ein trainierter Blick kann aber die seichten Signale der Tallinie erkennen. Zudem leisten einige Steinmänner etwas Unterstützung. Das Bergab geht mit einem zugewachsenen Zaun auf Tuchfühlung. Linksseitig der Begrenzung bis an ihr Ende nachlaufen. Dort rechts eindrehen, weiterhin in Direktion der Einzäunung absteigen. Dies endet schließlich an einer querenden Forststraße (1.190 m). Rechts haltend einfädeln, in Folge den Dietersbach überqueren. Von da in wenigen Minuten nach Gerstruben (1.160 m) vordringen.

In Gerstruben haben wir am gleichnamigen Berggasthof Gelegenheit unseren Energietank wieder aufzufüllen. Der 4 km lange Rückweg zum Parkplatz Renksteg ist dann nur noch Formsache. Von Gerstruben die geteerte Straße in zwei Kehren abwärts zur Trettach (900 m). Am Golfplatz vorbeiziehen, in Verlängerung zum Renksteg vorrücken.

Autor (Bilder und Texte): Andreas

Bewertung

Bergtour
Kegelkopf
Überschreitung des Kegelkopf von Spielmannsau nach Gerstruben
Der grasige Gipfelaufbau des Kegelkopf
Natur:
Schauwerte:
Erlebnisfaktor:
Einsamkeit:
Gesamt:
4.5 / 5
Wilde, anspruchsvolle und ungebändigte Bergfahrt in eine sehr einsame Ecke der Allgäuer Alpen. Wahnsinnsblick auf die Höfats, in die flankierenden Täler und auf den Allgäuer Hauptkamm.
Info zum Bewertungsschema

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