Vom Gimpelhaus über den Normalweg auf die Rote Flüh
T3Bergtour
Inhaltsverzeichnis
Die Rote Flüh ist der einzige Berg im Revier des Gimpelhaus, welcher für den Bergwanderer zugänglich ist. Der Landstrich hält nicht nur die höchsten Spitzen der Tannheimer Berge bereit, er hat auch den inoffiziellen Status als Kletterzentrum der Allgäuer Alpen inne. Während an den mächtigsten Bergen des Allgäu brüchiger Hauptdolomit als Bausubstanz zu finden ist, erwachsen die Spitzen im Bezirk des Gimpelhaus aus kletterfreundlichem Wettersteinkalk in den Himmel. Im Mangel alternativer kletterbarer Zonen, bündeln sich Allgäuer Freunde lotrechter Aufstiege um das Trio Rote Flüh, Gimpel und Köllenspitze. Ein abwechslungsreiches Programm aus unzähligen Kletterrouten trägt ein übriges dazu bei, dass der Zenit der Tannheimer Berge fest in Hand des Kletterverband ist. Nicht selten sieht man in dieser Ecke auch Outdoor-Aktivisten mit vollständiger Klettersteigausrüstung. Rote Flüh nebst Köllenspitze preisen entsprechende Eisenwege an.
Indessen ist das von steilen Wänden geprägte Territorium für die Anlage von wanderbaren Gipfelwegen nur schlecht geeignet. Im Prinzip sind zwar alle drei Gipfel auf deren jeweils leichtester Führe für Wanderer erreichbar, doch muss auch hier mindestens bis zum II. Grad geklettert werden. Solche Bedingungen sprechen nur eine kleine Randgruppe der Wanderfraktion an. Mit der großen Schar von Genusswanderern sind solche Gegebenheiten absolut inkompatibel. Um auch diese Kundschaft ins Revier zu locken, mussten sich die Gebietsbetreuer was einfallen lassen. Auf der Suche nach einem wanderfähigem Gipfelglück wurde man an der Roten Flüh fündig. Ihre Schwachstelle aus Richtung der Judenscharte war am besten für eine Wegmodellierung geeignet. An der felsigen Schlüsselstelle waren die Wegebauer indes gezwungen, tief in die Trickkiste zu greifen. Mit schwerem Gerät wurde aus dem Fels eine Art Treppe heraus gemeißelt. Ein aus Drahtseilen installierter Handlauf ergänzt die Maßnahmen zu einem wanderkompatiblen Normalweg zum Gipfel.
Bilder Karte GPS-TrackAnforderungen/Schwierigkeiten
Der Aufstieg zum Gimpelhaus nutzt anfangs eine planierte Promenade, anschließend einen engen, aber gut angelegten Steig. Auch in der Verlängerung zum Gimpelkar wird das Schwierigkeitsniveau nicht gesteigert. Während des Hinaufpreschens zur Judenscharte nimmt die Neigung des zu begehenden Areal deutlich zu. Die folgende Schlüsselpassage überwindet eine steile Felsstufe. Das schwierigste Stück wurde derweilen mit aus dem Fels gehauenen Stufen begehbar gemacht. Obendrein sorgt beidseitig eine geschlossene Drahtseilkonstruktion für entsprechende Haltemöglichkeiten. Zuletzt wird im steilen Gehgelände zum Gipfelkreuz aufgeschlossen. Die Eroberung der Roten Flüh bedarf keines überdurchschnittlichen Einsatzes - weder technisch noch konditionell. Es handelt sich in Bilanz um eine harmlose Berg-Wanderung, die nur in der kurzen Schlüsselpassage das Niveau einer Bergtour tangiert.
Ausgangspunkt
AT-6672 Nesselwängle
Wanderparkplatz an der B199 am westlichen Ende des Ortes.
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.488268
Längengrad: 10.599882
Hütten/Einkehr
Gimpelhaus
Tannheimer Hütte (etwas abseits der Route)
Orientierung
Im Einzug des Gimpelkar gestaltet sich die Wegführung durch zahlreiche Anschlüsse ein wenig unklar. Demgegenüber ist das Gelände sehr übersichtlich. Mit Ansteuerung der Roten Flüh wird die offizielle Linie schnell wieder nachvollziehbar. Außerhalb des Gimpelkar ist die Route bestens beschildert.
Ausrüstung
Wanderung von Nesselwängle zum Gimpelhaus
T2Die B199, Hauptverkehrsader durch das Tannheimer Tal, hält den Platz zum Abstellen eines Fahrzeugs bereit. Der Parkraum preist sich am westlichen Ende der Ortschaft Nesselwängle (1.150 m) an - vor dem (im Sommer geschlossenen) Neuschwandlift.
Die Aufbewahrungsfläche am östlichen Ausgang verlassen. Der erste Wegweiser schickt uns linker Hand durch eine Baumparzelle zum Panoramaweg hoch. Dort rechts einfädeln, in Direktion der Promenade ostwärts Strecke machen. Auf Höhe der ersten Häuser von Nesselwängle wird der Föllebach überquert. Jenseits bei nächster Gelegenheit den Panoramaweg linksseitig verlassen. Die Verlängerung überwindet den Gallenbach, mündet in die Schleife einer querenden Trasse ein. Bergan einschwenken, im Weiteren unter dem Kabel der Gimpelhaus-Materialseilbahn durch. Hierauf darf die Kurskorrektur zur Linken nicht verpasst werden. Das Ausschwenken (in den Weg 415) tritt mit dem Wasserlauf des Tiefenbach in Kontakt. Am Konfrontationspunkt pendelt sich die Route in nördliche Tendenz ein.
In einem kurzen Abschnitt kann sich bei feuchten Bedingungen der erdige Untergrund als rutschige Angelegenheit bewahrheiten. Im Slalom den aufbäumenden Bezirk empor. Das bergwärtige Streben im Hin und Her ist in der Abfolge abwechslungsarm, obendrein ziemlich fade. Immerhin gewähren die Gegebenheiten ab und zu Ausblick auf das kleiner werdende Tannheimer Tal. Im Fortschritt wird der Untergrund felsiger. Zudem ist ein Quergang, obwohl dieser recht harmlos ist, mit einem Seil gesichert. Erscheint das Kabel der Materialseilbahn wieder über unserem Kopf, ist das Schutzhaus nicht mehr fern. Etwa 90 Minuten nach dem Start in Nesselwängle ist der Geländebalkon, auf welchem das Gimpelhaus (1.659 m) seinen Standort hat, unter die Füße gebracht.
Vom Gimpelhaus über die Judenscharte (Normalweg) auf die Rote Flüh
T3Jenseits des Gimpelhaus findet sich ein Nebengebäude. Dem Schwenk nach rechts vor dem Haus keine Beachtung schenken. Dieser würde zur Terrasse der Tannheimer Hütte navigieren. Für unser Vorhaben ist dies jedoch nicht relevant.
Stattdessen um das Gebäude herum laufen, den Weg 415 weiter die Treue halten. Dieser weicht mittels schrägem Aufstieg einer Wand des Hochwiesler aus. Ein Wegknoten in spe entsendet zahlreiche Anschlüsse in unterschiedlichste Richtungen. Für die Rote Flüh ist der Weg 417 die entscheidende Spur. Dieser gewährt mittels Linksbogen Einlass in die Geröllwüste des Gimpelkar. In Folge kommen wir den Felswänden immer näher. Ein Schild, dass das Tragen eines Helms anmahnt, macht auf die prekäre Steinschlagsituation aufmerksam. Für uns ist dies jedoch nicht relevant, da die Route im Ablauf wieder vom Gemäuer wegdriftet. Zwischen Gimpel und Rote Flüh wird eine Einkerbung, die Judenscharte, immer deutlicher. Unsere Wanderstrecke dreht schließlich ein, nimmt mittels steiler Serpentinen die Geländespalte direkt ins Visier.
An der Judenscharte (1.970 m) angekommen wartet die Schlüsselstelle des Normalweg. Ein haushoher Felsriegel verhindert das weitere Vorankommen. Der gigantische Block wird auf seiner linken Seite umgangen. Neben einigen aus dem Fels herausgearbeiteten Tritten sorgen beidseitig verlegte Kabel für das sichere Überwinden des Hindernisses. Die Treppenstufen bis zu ihrem Ende nach oben. Linksdrehend dem Handlauf nacheifern und in zwei Kehren zum Ende der Sicherungen. Rechtshaltend im wieder einfachen Gelände auf das Dach des Felsblock. Die Spur den Nordosthang hinauf ist der finale Abschnitt. Felsige Hürden sind nicht mehr zu überwinden, doch das Terrain erweist sich als besonders winkelig. Durch typisch schrofiges Ambiente bis zum Gipfel der Roten Flüh (2.111 m) vorrücken.
Das Gepräge um die Rote Flüh bietet für Wanderer keine sinnvolle Möglichkeit einer Rundtour an. Gegen Westen kann die Rote Flüh zwar über den Friedberger Klettersteig verlassen werden, doch benötigt es hierfür eine komplette Klettersteigausrüstung. Fußgänger entfernen sich deshalb wieder auf der Aufstiegslinie vom Gipfel. Für den Abstieg bietet sich als kleine Variante ein Einkehrschwung zum Ausschank der urigen Tannheimer Hütte an. Die Rückkehr zum Ausgangspunkt in Nesselwängle passiert auf der bekannten Strecke via Gimpelhaus.
Autor (Bilder und Texte): Andreas
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Reviewer: Andreas