Von Mittenwald über die Hochlandhütte auf den Wörner
T4+ II ASchwere Bergtour
Inhaltsverzeichnis
Der Wörner ist ein alpinistisches Highlight auf der bayerischen Seite des Karwendel. Das bayerische Karwendel hat im Verhältnis zur Gesamtfläche dieses Gebirge nur bescheidene Dimensionen. Von den insgesamt vier Felsströmen tangiert lediglich die Nordkette weiß-blaue Verantwortlichkeiten. Die Staatsgrenze zu Österreich verläuft direkt über die vertikale Achse dieses Höhenzug. Das oberbayerische Mittenwald ist der zentrale Ausgangspunkt für Ausflüge in die nördliche Karwendel-Bastion. Im Vergleich zur österreichischen Seite ist das von dort zugängliche Gebiet mittels Wegebau etwas zivilisiert worden. Der Hot Spot ist dabei sicher die Karwendelbahn, respektive die felsige Umrahmung deren Bergstation - ferner der von dort startende, übervölkerte Mittenwalder Höhenweg.
Im Gegensatz dazu ist das klassische Karwendelgebirge eher für seine Urtümlichkeit sowie eine zurückhaltende Erschließung bekannt.
Wer das von Mittenwald aus erleben möchte, dazu mit den nötigen Fähigkeiten gesegnet ist, nimmt den mächtigen Wörner ins Visier.
Der Berg ist ein echter
Karwendelgipfel inklusive allem was dazugehört: Langer Zustieg, heftige Höhendifferenz, ohne Hände nicht zu bändigen.
Für ein Ziel dieses Schwierigkeitsgrades wird der Wörner trotzdem häufig bestiegen.
Wer den Happen nicht auf einmal schlucken möchte, kann ihn auch in zwei Teilen verzehren - unter Zuhilfenahme einer Übernachtung in der Hochlandhütte.
Die technischen Schwierigkeiten (Kletterei bis II) werden dadurch zwar nicht leichter, aber man hadert noch nicht mit den Konditionsreserven wenn es ans Eingemachte geht.
Die Bergtour über den Normalweg auf den Wörner entspricht der Tourenkategorie Leichte Klettertouren
.
Anforderungen/Schwierigkeiten
Wanderung über Forstwege sowie einfache Bergpfade zur Hochlandhütte. Die Fortsetzung entpuppt sich gleichlautend bis zum Wörnersattel. Im Gipfelaufbau des Wörner zunächst noch Gehgelände, dafür in extremer Neigung und geprägt von karwendeltypisch zerborstenem Gestein. Die letzten ca. 180 Höhenmetern in luftiger Position inklusive anhaltender Kletterei (I; Stellen II). Trittsicherheit plus Schwindelfreiheit sind Grundvoraussetzungen um diesem Karwendel-Abenteuer gewachsen zu sein. Tadellose Kondition für die sehr lange Wegstrecke, sowie die enorme Höhendifferenz nötig. Die Tour gestaltet sich deutlich entspannter mit einer Übernachtung auf der Hochlandhütte.
Ausgangspunkt
DE-82481 Mittenwald
Alpenkorpsstraße
Wanderparkplatz an der B2 kurz vor der Karwendelbahn
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.441586
Längengrad: 11.274252
Hütten/Einkehr
Orientierung
Der Aufstieg zur Hochlandhütte, sowie die Fortsetzung zum Wörnersattel ist im Rahmen einer Bergwanderung beschildert. In der Gipfelflanke markieren rote Punkte die Gipfellinie.
Ausrüstung
Von Mittenwald über die Hochlandhütte zum Wörnersattel
T3 ADer Ausgangspunkt für die Bergtour auf den Wörner findet sich direkt an der B2 auf Höhe von Mittenwald. Die Ausfahrt, welche direkt in die Alpenkorpsstraße übergeht, offeriert etwas Parkraum für die Deponierung eines Fahrzeug. Unmittelbar an der Ausfahrt beginnt der Aufstieg. Das von einer Schranke abgeschnittene Teersträßchen ist den Einlass (920 m) in die Route.
Der befestigte Weg driftet rechter Hand von der B2 weg, navigiert aufsteilend in den weitläufigen Holzbestand. Zunächst über Teer, bald jedoch auf Splitt quer durch den Rabeneggwald sowie den Ochsenboden. Zuletzt mittels Rechtsbogen hoch zur Materialseilbahn der Dammkarhütte (1.330 m). Dieser Abschnitt ist kein Glanzstück der Tour. Die Strecke erweist sich sogar als ziemlich langweiliges Programm. Aber leider ist die Partie ein notwendiges Übel um mit dem Wörner Kontakt knüpfen zu können. Gut 75 Minuten nach Start ist das Ende der Eintönigkeit erreicht. Der Aufstieg dreht unter dem Kabel der Materialseilbahn linksseitig in ein schmales Steiglein ab.
Die Route weicht den steilen Flanken des Predigtstuhl an deren Sockel aus. Lichter Bergwald dominiert das Ambiente. Kehrenreich gegen den Forst bergan, bis im Gebiet des Wildlisslahner ein Durchschlupf ins Mitterkar gewonnen ist. Ein Quergang hinweg über Krummholzfelder navigiert uns zur anderen Seite der riesigen Geröllhalde. Ein schräger Anstieg im Bereich einer Geländeschwelle (Steinklüppen genannt) ist völlig übertrieben durch ein Kabel gesichert (A). Nach Verlust einiger Höhenmeter erscheint schließlich vor der bezaubernden Kulisse des Estergebirge die Hochlandhütte (1.630 m) auf einem grünen Balkon.
Rechts der Hütte die Fährte in nordöstliche Tendenz aufnehmen, einige Meter abwärts in den Wörnerboden wandern.
Zunächst schräg gegen den Wörnersattel anwandern.
Die Trasse ist stark ausgewaschen, wurde vom Wetter immens in Mitleidenschaft gezogen.
Lose Erde sowie kleinkörniger Splitt gestalten unser Streben nach oben äußerst mühevoll.
An besonders rutschigen Partien hilft auch mal ein Kabel das mürbe Fundament zu überwinden (A).
Der Verlauf knickt rechtsseitig ein, zickzackt sich empor bis zum Wörnersattel (1.989 m).
Beeindruckend, abweisend, zugleich sehr einschüchternd erhebt sich von dort der Wörner - respektive seine knapp 500 Meter hohen Nordwestflanke.
Aus dieser Perspektive nur schwer vorstellbar, das es durch dieses Bollwerk einen Weg
hinauf zum Gipfel gibt.
Los - versuchen wir unser Glück!
Vom Wörnersattel über den Normalweg auf den Wörner
T4+ IIVom Wörnersattel über den schmalen Wiesengrat zum Felssockel des Wörner vorrücken. Der Einstieg in den Normalweg kann nicht verfehlt werden. Ein Schild, mit nachdenklich stimmenden Hinweis bezüglich der zu erwartenden Schwierigkeiten, markiert den Start.
Die erste Barriere wird mittels leichter Kraxelei überwunden (I). Rote Markierungen zeigen ab diesem Punkt die ideale Linie zum Gipfel. Das Gelände legt sich oberhalb dieser ersten Hürde etwas zurück. Im extremen Gehgelände unmittelbar rechts vom Nordwestgrat aufwärts arbeiten. In dem karwendeltypisch zerborstenen Fels ist das keine triviale Angelegenheit. Auf circa 2.300 Meter Höhe dreht der Kurs von der Gratkante rechtsseitig ab.
Im Auf und Ab hinein in die Westflanke queren. Die Etappe weist eine passable Spur auf, doch auf Grund des bröseligen Untergrund muss das Teilstück behutsam begangen werden. Ein an den Fels gepinselter, unübersehbarer roter Pfeil beendet den Quergang. Hier beginnt die eigentliche Kletterei - der Pfeil weist den Gipfelanwärter an, Kontakt mit dem Gestein aufzunehmen. Circa 180 Höhenmeter fehlen noch zum geologischen Zenit.
Die ersten Meter stellen sogleich die Schlüsselstelle der Tour da. Eine steile, kleingriffige Felsstufe verlangt konzentriertes Hinlangen (II). Der Anschluss gestaltet sich als recht luftige Angelegenheit, bricht doch das Terrain unterhalb steil bis in den Wörnerboden ab. In einem ausholenden Linksbogen durch den Fels himmelwärts (anhaltend I). Zuletzt entspannt sich das Gepräge etwas und der Gipfelsturm endet via Gehgelände am Kreuz des Wörner (2.476 m).
Sorgsam kraxeln wir die Westflanke abwärts zum Wörnersattel, laufen retour zur Bergsteigerunterkunft, beenden unsere alpine Bergtour mit der Wanderung zurück nach Mittenwald. Für viele (auch für mich) ist die Rückkehr über den Aufstiegsweg der bevorzugte Weg.
Auch für Freunde abwechslungsreicher Rundtouren bietet der Bezirk Alternativen für den Rückweg an. So wäre beispielsweise ein Abstieg vom Wörnersattel nach Nordosten und eine Rückkehr via Seinsgraben denkbar. Auch der Abschnitt zwischen Hochlandhütte und Dammkar bietet einige Varianten an. Mit dem Blick in eine gut topographische Karte kann individuell was geplant werden. Dabei sollte man keinesfalls den Blick für die Länge der Wegstrecken verlieren. Was in einer Karte als kurzer Zusatzschwenk erscheint, mutiert vor Ort nicht selten zum unbarmherziger Konditionstest (trifft zum Beispiel auf die erwähnte Retoure über den Seinsgraben zu).
Autor (Bilder und Texte): Andreas
Bewertung
Reviewer: Andreas