Von der Coburger Hütte über den Normalweg auf die Ehrwalder Sonnenspitze
T5 IISehr schwere Bergtour
Inhaltsverzeichnis
Auf der Straße von Garmisch-Partenkirchen nach Ehrwald sticht dem Reisenden am Horizont eine steil aufragende Felspyramide sofort ins Auge: die Ehrwalder Sonnenspitze. Dieser Felsdolch bohrt sich mit einer solch eleganten Form in den Himmel, das sogar die benachbarte, 500 m höhere Zugspitze im Wettkampf um die auffälligste Berggestalt das Nachsehen hat. Während man im Tal ehrfurchtgebietend innehält, diese mustergültige Pyramide mit heruntergeklapptem Kiefer bewundert, ist es schwer zu glauben, dass es von Süden einen Normalweg zum Gipfel gibt, der nicht über den II. Klettergrad hinausgeht.
Die Anforderungen an diese Bergtour sind dennoch sehr hoch. Nur geübte, klettererfahrene Alpinisten sollten diesen Berg auf ihre Zielliste nehmen. Der verhaltene Beginn über den Hohen Gang und den Seebensee zur Coburger Hütte kann man mit gutem Willen noch als Berg-Wanderung bezeichnen. Ab der Coburger Hütte wird es aber sehr schnell, sehr ernst: Die letzten 300 Höhenmeter zum Gipfel erweisen sich als eine äußerst luftige Angelegenheit. Anhaltende Kletterei (I, Stellen II, gute Felsqualität) im Absturzgelände erfordern ein ausgesprochen belastbares Nervenkostüm. Mit ausschweifenden Tiefblicken unter den Füßen sollte man keine Probleme haben. Nur eine kurze Querung ist mit einem Drahtseil entschärft. Der große Rest muss in freier Felsakrobatik erarbeitet werden. Mit Abstieg über die Nord-Flanke lässt sich die Bergtour zu einer alpinen Überschreitung ausbauen. Noch kurz angemerkt: Der Aufstieg zur Ehrwalder Sonnenspitze ist kein Klettersteig!
Der Normalweg zur und die Überschreitung der Ehrwalder Sonnenspitze entspricht der Tourenkategorie Leichte Klettertouren
.
Anforderungen/Schwierigkeiten
Von Ehrwald zum Hohen Gang im Rahmen einer einfachen Berg-Wanderung. Im Hohen Gang steiler Schrofensteig mit einigen Sicherungen (A/B). Die Fortsetzung über den Seebensee bis zur Coburger Hütte wandern wir ohne Schwierigkeiten in einfachem Gehgelände. Aufstieg über den Normalweg durch die Süd-Flanke Kletterei im Absturzgelände (anhaltend I; Stellen II). Nur an einer kurzen Passage durch ein Drahtseil gesichert. Abstieg über den Nord-Hang unterhalb des Gipfel nicht leichter - gefolgt von extremen Gehgelände in splittüberzogenen Steilschrofen. Solider Fels - dort aber nur spärlich markiert. Nebst elementarem Kletterkönnen, sowie einer stabile Psyche, braucht es für diese Bergtour sehr gute Kondition und etwas Gespür für die leichteste Linie durch den Fels.
Ausgangspunkt
AT-6632 Ehrwald
Talstation der Ehrwalder Almbahn
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.387938
Längengrad: 10.936899
Hütten/Einkehr
Orientierung
Bis zur Coburger Hütte gut markiert. Im Gipfelaufbau sporadisch rote Punkte (die nicht immer leicht zu erkennen sind) und einige Steinmänner.
Ausrüstung
Wanderung von Ehrwald über den Hohen Gang zur Coburger Hütte
T3Unsere Bergtour startet an der Talstation der Ehrwalderalmbahn (1.090 m). Vom Ausgangspunkt abwärts zum Geißbach wandern. Zweimal überqueren wir den Wasserlauf, fädeln im Anschluss rechter Hand bergwärts ein. Nach einer Schleife auf Höhe einer Scheune rechts haltend abbiegen. Hinweg über eine große Grünfläche, hinein in den Forst - bis zu einem Wegknoten. Hier mündet von rechts der Weg 812 von Ehrwald ein. Wir schließen links an, folgen dem markierten Pfad durch den Wald.
In zunehmender Neigung empor zum Beginn einer Schuttreise wandern. Am linken Rand der Geröllhalde leitet uns die Markierung aufwärts - zum Einstieg in den Hohen Gang (1.220 m). Der steile Steig durch den Fels ist gut mit Drahtseilen gesichert (A/B). Dabei gilt es einige kurze, luftige Passagen zu überwinden. Dazwischen bietet der Hohe Gang immer wieder tolle Ausblicke auf die Zugspitze, den Ehrwalder Talkessel und die flankierenden Berge. Im Zick Zack gewinnen wir schnell an Höhe - steigen nach einer Querung aus dem Schrofenpfad aus (1.670 m).
Durch lichten Wald abwärts zum idyllisch gelegenen Seebensee (1.657 m) wandern. An dessen linken Ufer weiter in Richtung Süden zur Materialseilbahn der Coburger Hütte. In zahlreichen Serpentinen durch einen Latschenhang - mit Ausstieg an der stark frequentierten Coburger Hütte (1.920 m).
Von der Coburger Hütte über den Normalweg auf die Ehrwalder Sonnenspitze
T5 II
Unsere Bergtour zieht von der Hütte auf gutem Bergsteig (Weg 814) in Richtung Biberwierer Scharte.
Einen Pfad der nach links abzweigt unbeachtet lassen (Aufstieg zum Vorderen Drachenkopf).
In Fortsetzung teilt sich der Weg.
Den Steigspuren nach rechts folgen (bei meiner Begehung keine Beschilderung).
Bald trifft man auf einen Fels, der mit Sonnenspitze
in schwarzer Farbe markiert ist.
Ein Hinweis das wir auf der richtigen Linie unterwegs sind.
Einem grasigen Buckel folgt ein großes Geröllfeld. Die Trittspuren über den Schutt bringen uns bis zum Gipfelaufbau der Ehrwalder Sonnenspitze. Ein schrofiger Aufschwung endet am Einstieg in den Normalweg - markiert von einem großen roten Pfeil (ca. 2.100 m). Ab hier werden wir bis zum Gipfel fast durchgehend die Hände benötigen - auf mehr als 300 Höhenmeter! Die Orientierung in der Südflanke ist nicht immer ganz einfach. Verblasste rote Farbkleckse, sowie einige Steinmänner zeigen mehr schlecht als recht die einfachste Linie an.
Wir klettern eine erste Rinne nach oben (I, teilweise schuttbedeckt), queren oberhalb auf einem Band nach rechts. Eine zweite steile Rinne weiter bergwärts (II, Schlüsselstelle, am Ausstieg einige Krampen), gefolgt von einer luftigen Querung nach links (mit einem Drahtseil entschärften). Wieder gerade empor (I). Ein weiteres Band leitet uns nach rechts - zum finalen Aufschwung. Der Ausstieg erfolgt am steinmannmarkierten Südgipfel. Mit etwas Höhenverlust über einen Grat (eine sehr ausgesetzt Stelle) und mit kurzem Händeeinsatz hoch zum kreuzgeschmücktem Nordgipfel (2.417 m).
Umsichtig, sowie mit voller Konzentration klettern wir die Süd-Flanke wieder abwärts, wandern zurück zur Coburger Hütte. Nach getaner Arbeit haben wir uns hier eine Brotzeit redlich verdient. Bei einer Überschreitung können wir die Jausenstation nur mit einem nochmaligen Aufstieg ab dem Seebensee erreichen (ca. 250 Höhenmeter).
Vom Stützpunkt hinab zum Seebensee, folglich auf bekannter Wanderung über den Hohen Gang zurück zur Talstation der Ehrwalderalmbahn - wo unsere erlebnisreiche Bergtour zu Ende geht.
Überschreitung der Ehrwalder Sonnenspitze (Abstieg über Nord-Hang)
T5 IIDie Überschreitung der Ehrwalder Sonnenspitze folgt vom Kreuzgipfel den Markierungen hinein in die Nord-Flanke. Steil und schuttbedeckt wird der Fels abgeklettert (I, Stellen II). Bald nivelliert der Abstieg in östliche Richtung. Die Kletterei hat ein rasches Ende - der anschließende, ausgesetzte Steig über abschüssige Bänder sollte auf Grund des vielen Splitt jedoch mit Vorsicht begangen werden. Mit abnehmender Höhe entspannt sich das Gelände. Folglich erreicht unser Rückweg den Seebensee. Von hier auf bekannter Route über den Hohen Gang zurück zum Ausgangspunkt.
Autor (Bilder und Texte): Andreas
Bewertung
Reviewer: Andreas