Aus dem Heutal über die Hochalm auf das Sonntagshorn
WT4Schwere Schneeschuhtour
Inhaltsverzeichnis
Das Sonntagshorn ist mit fast 2.000 m der höchste Punkt der Chiemgauer Alpen - und ein echter Winterklassiker. An schönen Wochenenden verwandeln unzählige Tourengeher den Berg in einen wahren Skizirkus. Als Begeher wähnt man sich fast auf einer öffentlichen Skipiste mit Liftanschluss. Der große Zulauf an diesem Berg hat aber auch seine Vorteile: Selbst nach ergiebigen Neuschneefällen herrschen in der Gipfelrampe durch die starke Befahrung schnell wieder gute Verhältnisse. Die südseitige Ausrichtung tut ihr übriges um die Lawinengefahr zeitnahe auf ein kalkulierbares Risiko zu senken. Optional finden wir oberhalb der Hochalm im Peitingköpfl ein lawinensichereres Ausweichziel.
Als Schneeschuhgeher ist man am Sonntagshorn eindeutig in der Unterzahl. Die Schneeschuhtour gehört technisch gesehen zu den anspruchsvolleren Unternehmungen dieser Sportart. Der Berg ist nicht leicht zu knacken. Der 400 m hohe Gipfelhang erhebt sich unter kontinuierlich 30 Grad Gefälle. Trainierte Oberschenkel nebst sicherer Schneeschuhtechnik sind die Voraussetzungen, um diese Schneeschuhtour auf die eigene To-Do-Liste zu setzen. Als Belohnung erwartet einem am Gipfel ein Chiemgau-Blick aus der Perspektive eines Flugzeugs. Und die gegenüber erwachsende Winterkulisse der Berchtesgadener Alpen vermitteln einem, wie klein (respektive unbedeutend) der Mensch doch in dieser epischen Landschaft ist.
Bilder Karte GPS-TrackAnforderungen/Schwierigkeiten
Von der Heutal-Straße über eine breite, mäßig geneigte Trasse zur Gschwendteralm - ferner in Verlängerung zur Hochalm. Dahinter zunehmende Aufsteilung, die im 400-Höhenmeter-Finale beharrlich 30 Grad Neigung erreicht. Demgegenüber ist der Gipfelhang durch den starken Zuspruch oft wie eine präparierte Skipiste eingefahren. Die alpine Schneeschuhwanderung verlangt vor allem eine gehörige Portion Ausdauer, sowie routinierten Umgang mit den Schneeschuhen.
Lawinengefahr
Die Lawinengefahr im Gipfelhang ist nach Neuschneefällen nicht zu unterschätzen. Die südseitige Exposition in Verbindung mit der starken Befahrung sorgen aber schnell wieder für gute Verhältnisse.
Ausgangspunkt
AT-5091 Unken
Heutalstraße
Parkplatz P1 am Scheitelpunkt der Heutalstraße
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 47.652569
Längengrad: 12.682669
Hütten/Einkehr
Hochalm Jausenstation
Orientierung
Die Route der Schneeschuhtour ist durch die Sommerweg-Beschilderung augenscheinlich nachzuvollziehen. Außerdem zeigt der Strom an Wintersportlern den richtigen Kurs an.
Ausrüstung
Wissenswertes
Bei erhöhter Lawinengefahr kann die Begehung der Sonntagshorn-Gipfelrampe zum Russischen Roulette werden. Im südlich vorgelagerten Peitingköpfl (1.720 m) findet der Wintersportler dann ein relativ lawinensicheres Alternativziel. Dafür dreht man an der Hochalm-Kapelle rechtshaltend zur Senke des Ennsmannkasers ab. Nun gegen den öffnenden Westhang antrampeln. Unterhalb des Gipfels südwärts ausweichen, zuletzt mittels Schleife hoch zum Kreuz. Diese Alternative bietet sich auch als Zugabe an, wenn man vom Sonntagshorn noch nicht ausgepowert ist (siehe Abstieg). Die Schwierigkeiten beschränken sich am Peitingköpfl auf das Niveau einer Schneeschuhwanderung (WT2).
Von der Heutal-Straße zur Hochalm
WT1Am Parkplatz P1 an der Heutal-Straße bringen wir unsere Schneeschuhtour aufs Sonntagshorn ins Rollen. Die Ouvertüre präsentiert sich als genussvolle Schlenderei.
Der von uns genutzte Sommerweg ist in der weißen Jahrszeit zu einer Rodelbahn umfunktioniert. Die Schneeschuhe verbleiben erst mal auf unserem Rücken. Der Aufstieg durchs Nadelholz nivelliert gen Süden. Unter Beachtung des potentiellen Schlitten-Gegenverkehrs zwei Kehren höher. Das Skitourengeher-Volk startet gewöhnlich beim Heutalbauer, stößt in die Verlängerung unserer Leitlinie linksseitig dazu.
Der Kurs vollzieht einen Halbkreis um die Felsen der Kleinen Drei Brüder, entlässt uns in die Lichtung der Gschwendteralm. Das respekteinflößend geneigte Schneepult des Sonntagshorns spielt hier bereits die Hintergrundmusik. Ein beeindruckender Blick in das was wir im Finale noch ableisten müssen. Jenseits der Gebäude wieder ins Gehölz eintauchen. Bald öffnet sich die weitläufige Brachfläche der Hochalm - wo am Startpunkt der Rodelbahn die Jausenstation eingenommen werden kann.
Von der Hochalm mit Schneeschuhen auf das Sonntagshorn
WT4Jetzt werden die Schneeschuhe angelegen. In Peilung der Hochalm-Kapelle zum oberen Ende der Siedlung stapfen. Die Fortsetzung navigiert zu einer nordöstlich gelegenen Baumparzelle, mogelt sich rechtsseitig daran vorbei und zieht hinauf zur Perchthöhe. Die gewaltige Bastion der Berchtesgadener Alpen erwächst vor uns in den Himmel. Sind wir noch in den Alpen oder schon im Himalaya? Eine Frage die sich angesichts dieser überdimensionierten Skyline durchaus stellt.
Mittels Quergangs nach schräg links gehen wir schließlich mit der 400 Meter hohen Gipfelflanke auf Tuchfühlung. Bei ungünstigen Verhältnissen (viel Neuschnee, starke Erwärmung, etc.) herrscht ab diesem Punkt erhöhte Lawinengefahr. Kehrenreich wird dem Hang, in freier Wahl einer Linie, Meter um Meter abgerungen. Fortwährend 30 Grad Schräglage (kurzzeitig auch minimal darüber) fordern routinierten Einsatz der Schneeschuhe. Die Tatsache, das die Rampe pistenmäßig eingefahren ist, sorgt für etwas Erleichterung. Nicht auszumachen was das für eine Schinderei wäre, wenn wir hier im pulvrigen Neuschnee aufsteigen müssten.
Unsere brennenden Oberschenkel und die nach Sauerstoff japsende Atmung fordern ihren Tribut: Stehenbleiben - kurz Durchschnaufen! Ein Blick in unseren Rücken sorgt für zusätzliche Motivation die Strapazen durchzuhalten: Landschaftskino vom feinsten. Dann ist es geschafft! Oben! Bei der Fernsicht gen Westen stellt sich die Frage, ob wir noch auf einem Berg stehen oder schon in einem Flugzeug sitzen: Das Sonntagshorn - Kulminationspunkt der Chiemgauer Alpen - bietet diese allumfängliche Fernschau aus der Vogelperspektive. Der Osten bringt uns gedanklich aber schnell wieder aus dem Flieger zurück auf den Gipfel: Die Höhen der Berchtesgadener Alpen rücken unsere Position dann doch wieder in eine realistische Wahrnehmung.
Abstieg mit optionalem Abstecher zum Peitingköpfl
WT3Die schräge Gipfelplatte retour zur Perchthöhe tapsen. Wer noch überschüssige Energie hat, kann zusätzlich dem vorgelagerte Peitingköpfl (1.720 m) die Ehre geben. Dafür an den gen Süden ziehenden Grat halten. Die Kante ist häufig verwechtet, muss mit gebührendem Abstand begangen werden. Der Gipfelfelsen des Peitingköpfl wird am Sockel umgangen, bis von Süden der Weg zum Kreuz frei wird. Die Rückkehr zur Hochalm erfolgt unschwierig über den großräumigen Westhang. Nach ausgiebiger Brotzeit auf der Sonnenterrasse der Jausenstation dackeln wir in Direktion der Rodelbahn zurück zum Parkplatz an der Heutal-Straße.
Autor (Bilder und Texte): Andreas
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Reviewer: Andreas