Von Lohberg über den Südgrat auf den Kleinen Osser
T3+ IBergtour
Inhaltsverzeichnis
Mit einer Höhe von 1.266 Metern erreicht der Kleine Osser für Mittelgebirgsverhältnisse eher eine maßvolle Vertikale. In seiner scharf geschnittenen Form ist er aber ein ganz Großer - verbannt selbst die Berg-Prominenz um Arber, Rachel und Lusen in die 2. Klasse. Ursache dafür ist sein aus dem Lamer Winkel steil gen Himmel schießender Südgrat, der seine Erscheinung zu einem auffälligen Dreikant modelliert. Auf dieser Schneide verläuft eine der abenteuerlichsten Wanderrouten des Bayerischen Waldes.
Der Anstieg über diese Kante entspricht eher dem Charakter einer mittelschweren Alpen-Bergtour als dem einer gemütlichen Wanderung. Nach oben hin immer steiler außerdem schwieriger werdend, findet der Grat unterhalb des Gipfel seinen technischen Höhepunkt - in Kletterei I. Grades. Klammert man einmal reine Kletterrouten aus, handelt es sich dabei um den schwerste Weg auf einen Bayerwald-Berg!
Es versteht sich fast von selbst, das eine solch knackige Linie in keiner topographischen Karte zu finden ist. Zugleich fehlen vor Ort jegliche Wegweiser, die auf die Existenz dieser Strecke hinweisen. Nebst Beherrschung der technischen Schwierigkeiten ist also ein ausgeprägter Spürsinn für das Auffinden des richtigen Kurses das wichtigste Werkzeug. Nur wenige Steinmänner, sowie alte blaue Markierungen, unterstützen beim zusammensetzen des Routenpuzzles.
Der Aufstieg via Südgrat zum Kleinen Osser ist nichts für Mittelgebirgswanderer die sich ausschließlich in gewarteten Trassen bewegen können. Auch wenn der Reiz noch so groß ist eine erfolgreiche Begehung dieser alpinen Wanderung in sein Tourenbuch eintragen zu können: Jeder Aspirant sollte vor Start dieser Exkursion kritisch hinterfragen, ob er dieser wirklich gewachsen ist - technisch und mental. Einen Notausstieg aus dem Grat gibt es nicht. Scheitert man an der Kletterpassage wenige Meter unterhalb des Gipfelkreuzes, bleibt einem nur der Rückzug in Richtung Tal - den ganzen Weg abwärts über den Grat!
Alle hartgesottenen Bergsteiger werden allerdings ihre reinste Freude haben, den Bayerischen Wald von seiner wildesten zudem einsamsten Seite kennenzulernen. Ein außergewöhnliches Gratabenteuer mit umfangreichen Nah-, Tief- und Ausblicken.
Die Bergtour über den Südgrat auf den Kleinen Osser entspricht der Tourenkategorie Wilde Wege
.
Anforderungen/Schwierigkeiten
Einfache Wanderung von Lohberg bis zur Abzweigung mit Tendenz Südgrat auf steinigen, wurzeligen Bergpfaden sowie auf planierten Forstwegen. Der Aufstieg über die Schneide ist nicht beschildert, im unteren Teil nur marginal durch schlichte Steinmänner markiert. Hier ist außerordentlich guter Spürsinn für die korrekte Route gefordert. Im Verlauf nimmt der Südgrat weiter Neigung auf - das Gelände wird immer extremer. Demgegenüber vereinfacht sich das Auffinden der Linienführung durch auftauchende blaue Farbpunkte. Unter dem Gipfel Kletterei I. Grades über kippende Felsblöcke. Der Abstieg erfolgt via Normalweg - zuerst im felsigen Terrain, dann im Niveau einer einfachen Mittelgebirgstour. Für diese alpine Wanderung ist ein gut geschultes Orientierungsvermögen, zudem Freude an einfacher Kraxelei nötig. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind obligatorisch. Die konditionellen Anforderungen erreichen nur ein moderates Ausmaß.
Ausgangspunkt
DE-93470 Lohberg
Sesselweg
Osserparkplatz am Ende des Sesselwegs
GPS-Koordinaten:
Breitengrad: 49.181353
Längengrad: 13.106297
Hütten/Einkehr
Osserschutzhaus (etwas abseits)
Orientierung
Der unteren Teil des Grat ist vereinzelt mit Steinmännern markiert. Weiter oben helfen blaue Farbpunkte (teilweise aber sehr verblasst) die ideale Linie zu finden. Außerhalb des Gratverlauf ausreichende Markierungen im Rahmen einer offiziellen Wanderroute.
Ausrüstung
Wanderung von Lohberg bis zur Südgrat-Abzweigung
T2Vom Parkplatz in Lohberg (740 m) laufen wir den Wegweiser mit der Nummer Lo1 nach, navigieren in den Wald. Nach wenigen Metern verbindet sich die Linie mit einem weiteren, von links einziehenden Zugang von Lohberg zu einer gemeinsamen Linie. Folglich wird ein Forst- und wenig später ein alter, aufgelassener Ziehweg überquert. Am Kollisionspunkt mit dem ausgetrockneten Felsgesteinsgraben mittels 90-Grad-Rechtsknick abdrehen. Das enge Steiglein endet an einer planierten Wirtschaftsstraße (940 m). Rechter Hand einfädeln zusätzlich auf der Schotterpiste bis zur wenigen Meter entfernten Kreuzung vorrücken. Hier setzt in der Mitte der Verzweigung ein beschilderter Bergsteig an - der Normalweg zum Großen Osser. Für den Südgrat indes in die scharf nach links anschließende Kehre einbiegen.
Der geschotterten Bahn bergwärts nachlaufen.
Weiter oben folgt eine deutliche Rechtsschleife.
Unmittelbar an deren Ende links aus der Schotterbahn scheren, dann zu dem sichtbaren Wegweiser aufschließen (1.030 m).
Dem Richtungspfeil Großer Osser
nachlaufen.
Bereits wenige Schritte später zeigt sich zu unserer Linken ein alter, zugewucherter Karrenweg.
Dieser repräsentiert die Startetappe zum Abenteuer Südgrat - abseits der präparierten Wanderwege.
Die Fortsetzung erfolgt ohne jegliche Wegweiser.
Über den Südgrat auf den Kleinen Osser
T3+ IDen Karrenweg empor zu einer Gabelung wandern. Hier auf Höhe eines Steinmanns rechts abdrehen. Der Anschluss vollzieht eine Linkskehre, gefolgt von einer weiteren, unscheinbaren Steinskulptur auf der rechten Wegseite. Direkt auf Höhe des Steinstapel den Karrenweg rechts haltend verlassen. Mit scharfen Blick sind am Boden sogar einige Pfadspuren zu erkennen - die uns hinein in bewaldetes Areal navigieren. Geradeaus durch die Forstparzelle (weitere Steinmänner) bis zum Auftauchen der ersten Felsblöcke - dem Einstieg in den Südgrat des Kleinen Osser.
Ab hier müssen wir aufmerksam blaue Farbmarkierungen suchen. Die erste (schon sehr verblasste) Kolorierung befindet sich an einem Gesteinsblock etwas vor unserer Position. Dort hinauf, dann links drehend, hinüber zu zwei großen Steinmännern wechseln. An ihrem Standort mittels scharfer Kehre nach rechts oben anschließen. Es folgt unmittelbar an einer Felsstufe ein etwas ausgesetzter Quergang. Die blauen Markierungen werden indes deutlicher, außerdem im Auftreten zahlreicher. Der Fortschritt erweist sich mit anwachsender Höhe als zunehmend felsiges Vergnügen. Immer öfter stellen sich Hindernissen in den Weg, die den Einsatz der Hände verlangen. Obendrein ist das Gefilde in der Schräglage kontinuierlich weiter ansteigend.
Die Route via Südgrat geht mit einer Felsblock-Halde auf Tuchfühlung. Von Markierung zu Markierung über das Labyrinth hinweg kraxeln. Der heftig-steile Gipfelaufbau liegt jetzt direkt vor uns. Kurzzeitig links ausscheren (etwas ausgesetzt), in wenigen Kletterzügen (I) die finale Felspassage hoch. Geschafft! Das Gipfelkreuz des Kleinen Osser ist eingenommen (1.266 m). Die Sicht hinüber zum Bayerwald-König Großer Arber sowie der Tiefblick in den Lamer Winkel ist betörend schön.
Der einsame Aufstieg über den Südgrat wurde am Gipfel durch das rege Treiben der zahlreichen Normalweg-Fußgänger abgelöst. Angesichts unserer ungewöhnlichen Route werden wir von dem ein oder anderen mit verdutztem Blick ausführlich gemustert. Aus den irritierten Gesichtern kann man folgende Frage ablesen: Ist es möglich über diese scharfe Geländekante aufsteigen? Wir haben die Antwort bereits gegeben!
Vom Kleinen Osser über den Normalweg zurück nach Lohberg
T2
Für unsere Wanderung zurück nach Lohberg nehmen wir den Normalweg in Anspruch.
Jenseits des Gipfels die Felstreppe abwärts, rechts schwenkend in die Ausschilderung Großer Osser
einnivellieren.
An der Künischen Kapelle vorbeimogeln, zu einem Wegknoten vordrängen.
Geradeaus kann mit wenig Zusatzaufwand dem Großen Osser die Ehre gegeben werden.
Unmittelbar unter seinem Gipfel hat das Osserschutzhaus seinen Standort.
Der Übergang zum höchsten Osser-Punkt und zu den leiblichen Genüssen gestaltet sich dabei wenig schwierig.
Für unseren Rückweg ins Tal an der Wegkreuzung südwärts bergab (Wegweiser Lo1). Steil geht es einen steinigen Bergpfad in die Tiefe. Im Fortschritt flacht das Terrain ab, wird fast eben. Die Strecke dreht rechter Hand ein. Nach einer längeren Traverse erreichen wir wieder die Forststraße, an der unser Aufstieg den breiten Schotterweg verlassen, folglich den zugewucherten Karrenweg betreten hat. Von hier mittels bekanntem Aufstiegsweg retour zum Ausgangspunkt - und dem Ende unserer erlebnisreichen Bergtour.
Autor (Bilder und Texte): Andreas
Bewertung
Reviewer: Andreas